zum Beispiel: Kirche
Artikel aus “zum Beispiel: Kirche – Ideen aus den Kirchengemeinden im Braunschweiger Land” (ein Heft der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig)
Link zum Originaltext (2009), ab S. 49 (ext.)
Mit Liebe gekocht, mit Respekt serviert
Essen hält nicht nur Leib und Seele zusammen, die tägliche Mahlzeit ist schlicht überlebenswichtig. Doch immer mehr Menschen können sich selbst die nicht mehr leisten.
Evangelische und katholische Gemeinden in Wolfenbüttel haben reagiert und die “Ökumenische Arbeitsgruppe Suppenküche” gegründet. Nun kochen rund 70 Ehrenamtliche für Bedürftige.
Eine warme Mahlzeit am Tag
ist heutzutage längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Immer mehr Menschen leben hart am oder gar unter dem Existenzminimum, so auch in Wolfenbüttel.
Aus diesem Grund haben die Vorstände der Evangelisch-lutherischen Propstei Wolfenbüttel und der römisch-katholischen Kirchengemeinden St. Ansgar und St. Petrus bereits vor 13 Jahren die “Ökumenische Arbeitsgemeinschaft Suppenküche” gegründet.
Seitdem sorgen rund 70 Ehrenamtliche im Wechsel dafür, dass jeweils im Winterhalbjahr von November bis März montags bis samstags zwischen 12 und 13 Uhr im zur St.-Petrus-Gemeinde gehörenden Roncalli-Haus Essen für Bedürftige ausgegeben wird.
Die zentrale Lage der Gemeinde
dicht am Bahnhof und beim Landratsamt habe bereits vor der Gründung der Suppenküche viele Hilfsbedürftige angelockt, erinnert sich Marianne Effe, Pfarrsekretärin in der Gemeinde. “Die Menschen haben am Pfarrhaus geklingelt und baten um Unterkunft, eine Fahrkarte oder fragten nach Essen. Anfangs wurde improvisiert: in der Gemeindeküche Kaffee oder Tee gekocht, dazu gab’s Brot, Aufschnitt und Obst. Doch dann kam ein kalter Winter und schnell wurde klar: “Die Hilfesuchenden brauchen eine warme Mahlzeit!” In der Gemeindeküche machten Helfen Suppen aus Konservendosen und dazu Würstchen warm. Das Essensangebot sprach sich herum, immer mehr Bedürftige kamen. Neben den katholischen Gemeinden St. Ansgar und St. Petrus sowie der Caritas beteiligten sich auch Propst Dr. Hans-Heinrich Schade und die evangelischen Stadtgemeinden am Sammeln von Spenden.
Die “Ökumenische Arbeitsgruppe Suppenküche” entstand und die Kapazitäten der Gemeindeküche im Roncalli-Haus reichten bald nicht mehr aus.
Zahlreiche Spenden ermöglichten den Kauf von größeren Töpfen und eines gebrauchten Industrieherdes sowie einer Industriespülmaschine. “Die Bedürftigkeit hat immer mehr zugenommen”, sagt Pfarrsekretärin Marianne Effe, die ehrenamtlich auch die Buchführung der Suppenküche übernommen hat. Seien es früher im Schnitt 60 Personen gewesen, die täglich zum Essen kamen, so fänden sich heute jweils um die 45 Menschen ein. “Allerdings haben wir noch rund 20 Ein-Euro-Jobber, die aufgrund ihrer Arbeitszeiten bis 14 Uhr unser Angebot nicht mehr so in Anspruch nehmen können wir früher. Oft fragen sie dann noch nach, ob etwas Essen übrig geblieben ist.” Aus Scham kämen zudem junge, bedürftige Familien nicht mehr. “Die kommen nur, solange die Kinder in den Kindergarten gehen. Dieser Zuspruch endet schlagartig, spätestens wenn die Kinder in die dritte oder vierte Klasse gehen.” Dann überwiege die Angst, in der Schule gehänselt zu werden.
Dabei stehen nach Ansicht von Marianne Effe die Wolfenbütteler voller Stolz hinter dem Projekt: “Vielen ist die Suppenküche ans Herz gewachsen.” Als vor drei Jahren die Energie- und Sachkosten deutlich gestiegen sind, wurden auch die Nutzer der Suppenküche gebeten, freiwillig einen Obulus von 50 Cent zu entrichten. Doch manche können nur 5 Cent geben, andere versprechen, das Geld am nächsten Tag zu bringen. Immerhin: Pro Saison kommen so alles in allem etwa 600 Euro zusammen, was schon die Reinigungskosten deckt.
Apropos Geld!
Eben jenes und die vielen Freiwilligen machen das Projekt “Ökumenische Suppenküche” überhaupt erst möglich. Bis zu 300 Euro werden pro Woche für die Zutaten der Suppenküche ausgegeben. Dazu kommen Spenden einer Bäckerei und einer Schlachterei sowie Kuchen- und Tortenreste eines Wolfenbütteler Kaffeehauses. Pfarrsekretärin Marianne Effe kennt die Zahlen genau. Aus ihren Kassenbüchern geht zum Beispiel hervor, dass pro Winterhalbjahr von der ökumenischen Suppenküche insgesamt rund 5500 Gäste versorgt wurden, zu 2,98 Euro pro Speise.
Auch der Einsatz der ehrenamtlichen Helfer der Suppenküche erfordert einiges an organisatorischem Geschick: Bereits im September müssen für das Winterhalbjahr von den beteiligten Kirchengemeinden die Einsatzpläne der Ehrenamtlichen zusammengestellt und spätestens im Oktober dann vorgelegt werden. So kommen insgesamt 70 Helfer zusammen.
Planung und Ablauf
Drei Verantwortliche wechseln sich von November bis März im wöchentlichen Turnus ab. planen die Menüfolge und sorgen für einen reibungslosen Ablauf. Das Kochen und Servieren stellen die Ehrenamtlichen in der Regel in ihren jeweiligen Gemeindeteams sicher. Wichtig ist allen Helfern, die Bedürftigen mit Respekt und Höflichkeit zu behandeln. “Das sind diese Menschen sonst oft gar nicht mehr gewöhnt”, weiß Marianne Effe, “Unser Lohn ist ihre Dankbarkeit.”
Inzwischen geht die Hilfe der ökumenischen Suppenküche sogar über die eigentliche Speisung hinaus. Uwe Salzmann, Sozialsekretär der Propstei Wolfenbüttel und Sozialpädagoge, kümmert sich um bürokratische Belange der Bedürftigen. Er ist mit Rat und Tat zur Stelle, wenn zum Beispiel Überschuldung oder Obdachlosigkeit droht oder bereits eingetreten ist. Eins ist allen Helfern der Suppenküche klar: Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung wird die soziale Brisanz zunehmen – und damit die Notwendigkeit der Existenz von Suppenküchen umso größer werden.